Das Ergebnis der SPD bei den Europawahlen hat uns allen wenig Freude bereitet. Wir haben eine Stimmungswahl erlebt, bei denen das Thema eines größeren sozialen Zusammenhalts in der EU nicht genug überzeugt hat. Union und SPD haben einmal mehr die Quittung für das Erscheinungsbild der Groko bekommen. Und wenn es auch nicht über das Gesamtergebnis hinwegtäuschen kann, so spendet es doch ein wenig Mut, dass die SPD in Niedersachsen deutlich besser abgeschnitten hat, als es im Gesamtergebnis zum Ausdruck kommt. Dennoch liegt viel Arbeit vor den Genossinnen und Genossen im Bund, aus diesem Ergebnis die richtigen Lehren für die künftige politische Aufstellung zu ziehen.
Der Erfolg der Grünen erklärt sich auch daher, dass sie offensichtlich Stimmungen zur Klimapolitik und einer in dieser Hinsicht anschwellenden Bewegung besser bedient hat. Sie bieten vor allem den jungen Wähler*innen eine Projektionsfläche. Doch wer solche Stimmungen bedient, muss die damit verbundenen Erwartungen auch irgendwann erfüllen. Ich habe am Wahlabend das Stichwort eines Parteienforschers vernommen, dass wir es künftig mit einer Bewegungsdemokratie statt einer Parteiendemokratie zu tun haben werden. Ich bin mir da nicht so sicher. Und Grünen Chef Robert Habeck hat am Wahlabend zwischen den Zeilen erkennen lassen, dass er um die Schwierigkeit weiß, die geschürten Erwartungen an die grüne Politik in Brüssel auch wirklich umzusetzen.
Es ist für die SPD eine bittere Pille, an vielen Wahlurnen nur noch drittstärkste Kraft geworden zu sein. Dennoch zeigt sich an zahlreichen Stellen ein anderes Ergebnis. Bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft haben die Grünen weit weniger zugelegt, als bei ihrem Europawahlergebnis. Und die Wahlen um Landrats- und Bürgermeisterämter in Niedersachsen haben einmal mehr gezeigt, dass solche Abstimmungen unter anderen Voraussetzungen erfolgen. Diese Wahlen sind Persönlichkeitswahlen. Und da müssen Person, Programm und Politik überzeugen. So wie in Cuxhaven, im Landkreis Friesland, in Sehnde und vermutlich auch in den noch ausstehenden Stichwahlen.
Wahlsiege sind keine Selbstverständlichkeit. Ich habe heute mehrfach die Frage beantworten müssen, ob die SPD Hochburg Hannover eine verlorene Hochburg ist. Ich bin kein Freund dieses Begriffs und Arroganz schadet jeder Partei. Es gilt also zu überzeugen und zu kämpfen. Hannover hat in vielen Wahlen gezeigt, dass seine Bürger*innen den Sozialdemokraten das Vertrauen für ihre Entwürfe schenken. Und insofern bin ich mir sicher, dass die Oberbürgermeisterwahl im Herbst unter anderen Voraussetzungen stattfinden wird. Die SPD hat mit Marc Hansmann einen Kandidaten, der für viele Themen steht, die die Stimmung in der Bevölkerung aufgreift. Marc setzt sich für die Verbesserung der Situation von Kindern und Familien ein, für bessere Bildungsbedingungen und richtet seinen Blick auch klar auf eine lokale Politik, die Fortschritte beim Klimaschutz ernst meint. Ich sehe derzeit noch niemanden, der sich dieser konkreten Auseinandersetzung stellt. Bei aller verständlichen Euphorie auf der anderen Seite, das Rennen um das Oberbürgermeisteramt hat erst begonnen.