Vermögensteuer schafft mehr Gerechtigkeit

Ich begrüße den Vorstoss des geschäftsführenden Parteivorstands, die Vermögensteuer wieder einzuführen. Die Vermögensteuer ist nicht abgeschafft, sondern seit Ende der neunziger Jahre nur ausgesetzt. Ihre Wiedereinführung soll 10 Milliarden Euro jährlich einbringen.

Ihre Wiederbelebung soll unter klugen Abwägungen geschehen. Vermögen sind stark konzentriert in Deutschland und haben sich nach Finanzkrise und trotz Niedrigzinsphase seit 2007/2008 deutlich positiv entwickelt. Meist in höherem Maße, als die Arbeitseinkommen gestiegen sind.

Vermögens-Multimillionäre sollen deshalb einen größeren Anteil für die nötigen Investitionen beitragen – für die Infrastruktur, für bezahlbares Wohnen und für den Klimaschutz und damit Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen weniger Steuern zahlen müssen. Damit alle, die sich anstrengen, ihren Anteil am Wohlstand haben. Und damit wir die unterstützen können, die es brauchen. Etwa durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für die meisten.

Das private Vermögen in Deutschland konzentriert sich in sehr wenigen Händen. Das reichste Prozent der privaten Haushalte in Deutschland verfügt laut Internationalem Währungsfonds (IWF) über fast ein Viertel des gesamten Netto-Vermögens. Bei einer Berücksichtigung ergänzender Datensätze liegt der Anteil sogar bei bis zu einem Drittel.

Diese starke Vermögenskonzentration gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Dynamik: Neuere Studien zeigen, dass starke soziale Ungleichheit nicht nur den sozialen Frieden und das Vertrauen in die Gesellschaft und den demokratischen Staat gefährdet – sondern auch schlecht für das Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft ist. Vermögen bedeutet auch Macht. Und mehr Macht bedeutet mehr Einfluss. Wenn dieser Einfluss auf Vermögen beruht und nicht auf inhaltlichen und demokratischen Verhältnismäßigkeiten, dann rüttelt das an den Fundamenten einer demokratischen Struktur.

Wir wollen die Spaltung der Gesellschaft und die überdurchschnittlichen Beiträge der Mittelschicht zum Gemeinwohl stoppen. Dazu gehört, dass unsere Städte und Kommunen allen ein lebenswertes Zuhause bieten können: Also der Rentnerin ebenso wie dem Busfahrer oder der alleinerziehenden Mutter mit ihrer Familie. Dazu gehört, dass wir in Infrastrukturen und Digitalisierung investieren, damit Deutschland ökonomisch weiter vorne mitspielt. Dazu gehört auch, den Klimawandel zu stoppen, ohne dass diejenigen über Gebühr dafür zahlen müssen, die ohnehin wenig haben.

Die Frage nach einer Wiedererhebung der Vermögensteuer ist also eine Frage der Gerechtigkeit. Denn seit die damalige Vermögensteuer ab 1997 nicht mehr erhoben wird, hat die Schieflage der Vermögensverteilung dramatisch zugenommen. Weiteres Warten ist demnach nicht angezeigt und der Verzicht auf die Erhebung über 22 Jahre  haben die Renditen angelegter Kapitalien nochmal wachsen lassen.

Eine Revitalisierung der Vermögensteuer würde dem weiteren Anwachsen der Vermögenskonzentration entgegenwirken – sie betrifft ausschließlich die ein bis zwei Prozent der größten Vermögen in Deutschland. Auch steht sie nicht für sich allein, sondern ist einzubetten in einen größeren Kontext: in ein gerechteres Steuersystem mit der Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, mit einer Besteuerung von Finanztransaktionen und einer Mindestbesteuerung für global agierende (Digital-)Konzerne, um Steuerflucht und Gewinnverlagerung zu beenden. Zusätzlich geht es um Überlegungen, wie Vermögensbildung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen erleichtert werden kann.

Zu einer gerechten Besteuerung gehört auch, dass die Verrmögenssteuer nicht die Substanz von Unternehmen beeinträchtigen darf und zur Altersvorsorge angesperte Vermögenswerte mit großzügigen Freibeträgen honoriert. Ebenso darf es nicht zu Doppelbesteuerungen kommen. Angedacht sind großzügige Freibeträge und ein Steuersatz von etwa einem Prozent auf Vermögen. Die USA  erheben bis zu vier Prozent vermögensbezogene Steuern, Frankreich und Großbritannien erheben sogar mehr als vier Prozent.

Ich bin zuversichtlich, dass aus den vorgelegten Eckpunkten bald eine konkrete Vorlage für die Wiedereinführung einer verfassungskonformen Vermögensteuer wird und in die Beratungen im Bundestag eingebracht wird. Und solange CDU und CSU eine gerechtere Gestaltung der Erbschaftsteuer verhindern, ist die Vermögenssteuer der einzige Hebel, um die Vermögenden in diesem Land gerechter an den Investitionen in die Infrastruktur, für Klimaschutz und allgemeine Daseinsvorsorge zu beteiligen.