Am 27. Januar jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee zum fünfundsiebzigsten Mal. Wir gedenken der Millionen Opfer der Shoah, wir bitten die Überlebenden um Versöhnung. Trotz des unvorstellbaren Leids, dass sie erlitten haben und im Wissen darum, des sie ihr Schicksal ein Leben lang getragen haben und noch weiter tragen. Das muss uns noch immer mit Trauer und Scham erfüllen.
Das uns die überlebenden Opfer vergeben und die Hand zur Versöhnung ausstrecken, ist kein Signal, dass unsere Schuld vergeht. Es ist allein mit der Aufforderung verknüpft, das Erinnern an dieses Menschheitsverbrechen wach zu halten und die Verantwortung, die uns aus dem Holocaust erwachsen ist, weiterhin zu übernehmen. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat vor wenigen Tagen beim Gedenken in der zentralen Gedenkstätte Israels an den Holocaust zurecht gesagt „die Flamme von Yad Vashem erlischt nicht.“
Dennoch begehen wir den Holocaust-Gedenktag in Zeiten, in denen Antisemitismus, Hass und Hetze manchem denkbar und sagbar erscheinen. Und einzelne die Tat suchen, wie beim Anschlag an Yom Kippur auf die Synagoge in Halle im vergangenen Jahr. Es ist dasselbe Böse, so Bundespräsident Steinmeier in seiner Rede in Jerusalem. Und nur unser Erinnern, vor allem aber unser Handeln besiegen den Hass, den Antisemitismus und die vielen anderen simplen Parolen der Ausgrenzung, Menschenverachtung und des Rassismus. Wir müssen weiter gemeinsam mit unserer Mehrheit einstehen für Respekt, Toleranz, Mitmenschlichkeit und Demokratie. Diese Handlungsaufforderung scheint mir die wichtigste Botschaft am diesjährigen Holocaust-Gedenktag.
Der Niedersächsische Landtag hat anlässlich des Holocaust-Gedenktages den 1936 in Belgrad geborenen Zeitzeugen Professor Shaul Ladany eingeladen. Ladany wurde 1944 aus Ungarn in das Lager Bergen-Belsen deportiert und konnte durch die Bemühungen des ungarischen Zionisten Rudolf Kasztner in die Schweiz und schließlich nach Palästina ausreisen. Ladany war neben seiner wissenschaftlichen Karriere auch erfolgreicher Sportler und nahm an den Olympischen Spielen 1972 in München teil, wo er den Anschlag palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympia-Mannschaft überlebte.
Ladany hat zahlreiche Dokumente zu seiner Verfolgung im Nationalsozialismus gesammelt, die die Gedenkstätte Bergen-Belsen zusammen mit Informationen zur Besatzung in Serbien und Ungarn, den Bemühungen des ungarischen Zionisten Kasztner und zum Neuanfang Überlebender der Shoah in Israel zu einer Ausstellung verdichtet hat. Sie ist der Öffentlichkeit zugänglich, nämlich vom 3. bis zum 6. Februar 2020 von 9:00 bis 18:00 Uhr in der Portikushalle des Niedersächsischen Landtags.