Die Arbeit im Wahlkreis hat sich mit der Corona-Krise verändert. Neben den sonst regelmäßig üblichen Gesprächen mit Organisationen oder Gruppen, Vereinen und Institutionen richten sich derzeit viele Bürger*innen mit konkreten Fragen zu ihren persönlichen Lebenslagen in der Corona-Krise an mich und mein Bürger*innen-Büro.
Ich selbst habe auch das Gespräch gesucht. Selbstverständlich unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln. Mit Kita-Leiterinnen, dem ärztlichen Leiter und der Pflegedienstleiterin im Clementinenhaus in der List, mit einer Supermarktkassiererin, einer Schulleiterin und mit Saadia El Adib, Pflegerin des Transkulturellen Pflegediensts.
Saadia El Adib ist seit achtzehn Jahren im Pflegeberuf tätig. Sie stammt aus Marokko und ist seit 22 Jahren in Deutschland. Ursprünglich hat sie ihre Tätigkeit als Pflegehelferin aufgenommen und hat inzwischen Fortbildungen bis hin zur Pflegedienstleitung absolviert.
Mit dem Begriff der Systemrelevanz im Zusammenhang mit ihrer Aufgabe kann El Adib wenig anfangen. Sie komme jeden Tag zu hilflosen Menschen, die außer den Pflegekräften manchmal niemanden hätten, die hilflos seien oder keinen anderen Kontakt im Alltag erlebten, als den mit der Pflegekraft.
Selbstverständlich verändere die Pandemie den Umgang mit den Menschen, gerade in ihrem Berufsalltag. Die Arbeit mit Mundschutz habe größeren Auswirkungen, als man im ersten Moment denken mag, sagt El Adib. Die Maske schaffe Distanz und verunsichere den Träger und sein Gegenüber. Die Pflegebedürftigen reagierten zum Teil ängstlich auf die Gesichtsmasken und sie selbst sei auch verunsichert. Manchmal wüssten beide Seiten nicht mehr, wer sich dort vor wem schützen wolle. Und auch der Umgang mit den eigenen Kollegen, etwa in den Pausen, sei anders geworden, die Unbefangenheit in diesen Momenten sei verschwunden. Sie selbst habe durchaus Angst davor, sich im Berufsalltag mit Covid 19 anzustecken.
El Adib hofft, dass die Menschen sich weitgehend an Abstands- und Hygieneregeln hielten. Sie sieht keine Alternative dazu, obwohl sie eben auch ihre Arbeitsatmosphäre so sehr beeinträchtigten. Für die Zukunft müsste die Gesellschaft, das Gesundheitssystem besser vorbereitet sein. Corona habe uns in manchen Punkten Grenzen aufgezeigt, etwa bei der Versorgung mit Schutzmasken und Schutzkleidung.
Sie selbst spürt eine große Verunsicherung, wird in diesem Jahr nicht verreisen, hat vor allem Angst um die Gesundheit ihrer Kinder und will in ihrem Alltag weiter streng auf Abstand gehen. Und sie ist besorgt wegen der vielen falschen Informationen, die sich zuletzt in den öffentlichen Diskurs eingeschlichen haben.
Höhere Anerkennung für ihren Beruf sei bitter nötig, so wie ihn Angehörige anderer medizinischer Berufe genießen dürften, Schwestern oder Ärzte etwa. Es mangele an Respekt und Wertschätzung für Pflegekräfte und das in einer alternden Gesellschaft, in der jeder das Risiko trage, pflegebedürftig zu werden.
Außerdem müsse sich dringend etwas tun, um die Ungerechtigkeiten innerhalb des Pflegesystems abzuschaffen. Die Beschäftigten von Diensten der Wohlfahrtsverbände und der privaten Träger erhielten deutlich höhere Vergütungen für die gleiche Arbeit. Diese Aufgabe müsse die Politik lösen. Und dann gibt es da noch das ganz praktische Problem mit dem Parken. Im Alltag kassierten die ambulanten Kräfte ganz häufig Bußgelder, auch wenn sie nur wenige Minuten bei einer zu pflegenden Person verbrächten, und dafür ihr Auto, wo es eben geht abstellten. Sie werde dort eben gebraucht, so Saadia El Adib.