Für eine Corona Erkrankung gibt es keine Therapie, lediglich die Impfung steht als Schutz vor der Infektion zur Verfügung. Und wie sich eine Corona Infektion anfühlt, hat der Leiter der Herz-, Thorax-. Transplantations- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule am eigenen Leib erfahren. Ich habe zu einem „Impfgipfel“ per Zoom eingeladen und Dafür den renommierten Wissenschaftler gewinnen können. Wissen zu teilen sei wichtig und müsse mehr geschehen, denn was in Medien zu lesen sei, sei doch häufig übertrieben. Allerdings sei auch er zu Beginn der Corona Pandemie hoch alarmiert gewesen, genährt auch aus Informationen, die ihm aus internationalen Kontakten zu Wissenschaftlern beispielsweise nach Wuhan in China und ins italienische Bergamo zugeflossen seien. Deswegen habe er sich gleich zu Beginn der Infektionswelle in Deutschland für ein Behelfskrankenhaus engagiert, das dann auf dem Messegelände entstanden ist. Nach Kontakten zu Virologen hatte sich die MHH früh entschieden, mit Plasma von Menschen, die eine Infektion bereits durchlebt hatten, Möglichkeiten für die Behandlung weiterer Corona Patienten zu erkunden. Bilder wie in Bergamo, wo sich die Krankenwagen vor den Hospitälern stauten, „das wollte ich für Hannover nicht haben“, so Haverich.
Bis heute stehe keine Therapie für eine Corona-Erkrankung zur Verfügung. Die Auswirkungen, so habe der das selbst erlebt, seien für den Körper massiv und beträfen alle inneren Organe. Lediglich mit Cortison könne man etwas gegen die vielen Blutgerinsel tun, die selbst die kleinsten Gefäße beträfen.
Zu den Impfstoffen sagte Haverich, der von Biontech entwickelte Stoff, eigentlich eine Forschung in Richtung von Krebsmedikamenten, stelle sich inzwischen auch als wirksam gegen die Virus-Varianten aus Großbritannien und Südafrika heraus. Beim Wirkstoff von AstraZeneca wisse man inzwischen, das er älteren Menschen schlechter helfe, auch gegen die in Südafrika bekannt gewordene Virus-Mutation helfe er wahrscheinlich nicht. Die bisher bekannten Daten zeigten, dass die Impfstoffe kein erhöhtes Risiko für die Patienten mit sich brächten.
Im Übrigen sei auch der russische Impfstoff ein vielversprechendes Präparat. Russland habe aufgrund seiner langen Isolation von der westlichen Forschung eine lange eigene Tradition in der Entwicklung von Pharmazeutika und er hoffe, dass die europäische Arzneimittelbehörde den Stoff ebenfalls zulasse. Nach seinen Informationen, wiederum Kontakten zu Medizinern nach Sankt Petersburg geschuldet, sei der Wirkstoff bei der Immunantwort des Körpers sogar noch besser, als die bisher verfügbaren Arzneien. Insgesamt zeigt sich Haverich zuversichtlich, dass weitere Impfstoffe aus Europa, den USA und auch aus Russland helfen, die Lage zu verbessern. Die derzeitig rückläufigen Zahlen des Infektionsgeschehens bildeten das Impfgeschehen noch gar nicht ab. Und er wiederholte, dass das Impfen im Moment die einzige wirksame Möglichkeit zur Vorbeugung vor einer Infektion mit dem Corona-Virus sei.
In der Diskussion stimmte Haverich zu, dass sich die Medizin verständlich machen müsse. Er habe sich beispielsweise erschreckt, das bereist geimpfte Bewohner eines Seniorenheimes im Osnabrücker Land erkrankt seien, wenn auch ohne Symptome oder milden Krankheitsverläufen. Nachfragen hätten ergeben, dass die Ansteckung kurz vor oder kurz nach der zweiten Impfung in der Unterbringung erfolgt sein muss, zu einem Zeitpunkt, in dem noch kein vollständiger Impfschutz für die behandelten Bewohner bestand.
Nach wie vor sei aber noch nicht hinreichend geklärt, ob geimpfte Personen nicht doch Virusüberträger bleiben können. Das sei bisher nicht gut untersucht. Insofern rechne er noch lange mit einer Maskenpflicht, so der Universitätsmediziner. Auch die Frage, ob genetische Dispositionen eine Erkrankung begünstigen oder den Verlauf einer Infektion hemmen sei noch nicht erforscht. Klar sei aber, dass wir erneut mit solchen Zoonosen rechnen und gegenüber der mittelalterlichen Pest, der man quasi im Zeitlupentempo mit der Kutsche habe entfliehen können, sich einem Verbreitungsgeschehen in enormem Tempo stellen müssen. Dazu müsste die Politik die entsprechenden Lehren ziehen und beispielsweise schneller einschneidende Maßnahmen wie den Lockdown veranlassen. Er rechne jedenfalls fest damit, das Impfnachweise in der nahen Zukunft eine Rolle im Alltag spielen werden, sei es bei Flugreisen oder auch nur einem Restaurantbesuch. Das seien ganz praktische Gründe, um zur Impfung zu raten, der medizinische Grund liege jedoch klar auf der Hand. Ein anderes Mittel gegen Corona stehe derzeit eben nicht zu Verfügung und das sollten wir alle schon für unsere eigenen Lebensumgebung tun, so Haverich.
Er wolle die Kritik am Impfgeschehen nicht teilen, das sei eine Mega-Aufgabe und es gebe nun mal zurzeit nicht genug Impfstoff. Er sei auch kein Freund von Inzidenzwerten. Wichtiger sei, Infektionsherde besser nachverfolgen zu können. Und bei Lockerungen sollten wir als erstes an Kinder und Jugendliche denken, denn die leiden am meisten an Isolation.