Wetterextreme gehen auf die Veränderungen des Klimas zurück. Niemand in der Welt der Wetterexperten hegt Zweifel an dieser These zu den Ursachen, etwa des verheerenden Hochwassers in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vor wenigen Wochen. Wetterextreme kosten Menschenleben, vernichten Existenzen, berauben Menschen ihrer Lebensgrundlagen und ihrer Heimat. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen.
Nun verheeren gewaltige Feuer große Flächen in Italien, Griechenland und der Türkei. Temperaturen oberhalb von 40 °C begünstigen die Ausbreitung der Feuer, ebenso wie die intensive Nutzung einzelner Landstriche für Landwirtschaft und Tourismus und die Vernachlässigung großer Flächen und Wälder, dort wo kein Ertrag winkt.
In der Türkei sind rund dreißig der achtzig Provinzen von Feuern betroffen. Den Einsatzkräften bleibt oft nicht mehr, als der Lage hinterherzuarbeiten. Das liegt auch daran, dass die türkische Regierung wirksame Vorkehrungen gegen derlei Lagen vernachlässigt hat. Eigene Löschflugzeuge können nicht eingesetzt werden, weil sie nicht flugtauglich gehalten wurden. Schlimmer aber ist, Hilfen von außen mit falschem Nationalstolz abzulehnen, wenn Menschen in diesen Feuern ihr Leben verlieren. Ich finde es traurig, wenn der türkische Staatspräsident Brandgebiete lediglich aus der Luft betrachtet und anschließend bei einer Ansprache in einem von den Feuern abgelegenen Ort Teebeutel in die Menge wirft oder indirekt politische Gegner für Brandstiftungen verantwortlich macht.
Auf die Spitze getrieben hat es der türkische Regierungssprecher: So sollen Familien, deren Häuser abgebrannt sind, neue Unterkünfte errichtet bekommen. Die sollen sie dann über einen Zeitraum von zwanzig Jahren abzahlen. Die Häuser würden, so der Regierungssprecher, so schön, dass die Übrigen sich wünschten, ihre Häuser wären auch abgebrannt. Dieser Zynismus ist nicht mehr zu übertreffen. Die Menschen in den von den Feuern betroffenen Gebieten haben Schutz, Hilfe und Zuwendung verdient. Mich erfüllt die Situation im Heimatland meines Vaters, in dem ich Verwandte und Freunde habe, mit Trauer und Wut gleichermaßen.
Einmal mehr offenbart sich in dieser Katastrophe, dass isolierte Vorgehensweisen und ein Denken in isolierten Lösungen oder nationalen Egoismen nichts, aber auch gar nichts zur Lösung von Problemen, die ihre Ursachen im Weltmaßstab haben, beitragen. Niemand kann und darf hinter die Ziele des Pariser Klimaabkommens zurückfallen, wenn wir nicht dauerhaft mit solchen Krisen und ihren nicht unwesentlichen ökologischen und ökonomischen Folgen leben wollen. Wetterextreme gefährden Leben, fordern gesellschaftlichen Zusammenhalt heraus, bedrohen auf vielfältige Weise Lebensräume und kosten Wohlstand.
Das abzuwenden oder zu mildern, dazu bedarf es selbstverständlich auch eigener nationaler Klimaschutzanstrengungen, besserer Krisenvorsorge. Das hat das Hochwasser im Westen, Südwesten, Bayern und Sachsen gezeigt. Deutschland hat sich viel vorgenommen mit seinem umfassenden Wandel hin zu erneuerbaren Energien, dem Postulat Niedersachsens, bis 2040 klimaneutral zu sein. Auch wir brauchen noch mehr Anstrengungen, Tempo und Konsequenz. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ein „Klimaschutzministerium“ mit Vetorecht am Kabinettstisch die richtige und notwendige Antwort auf unsere eigenen Herausforderungen darstellt. Als Schachzug im Wahlkampf der Grünen kann ich das verstehen, gleichwohl zeigt es ein merkwürdiges Demokratie- und Rechtsverständnis. Wir brauchen absolute Seriosität in der Frage, wie wir den Weg aus der Kohlenstoffwirtschaft beschreiten und wie wir unseren Wohlstand künftig erwirtschaften wollen. Und einen langen Atem.