Am 8. Februar jährt sich der Geburtstag des hannoverschen Publizisten und Philosophen Theodor Lessing zum einhundertfünfzigsten Mal. Lessing war Zeit seines Lebens ein über die Maße produktiver Chronist, streitbarer Publizist und ein scharfzüngiger Kritiker der Verhältnisse. Insbesondere seine Hellsichtigkeit im Hinblick auf die Gefahren, die mit den Nationalsozialisten heraufziehen sollten, brachten ihn früh in scharfen Gegensatz zu Hitler und den die NSDAP unterstützenden Kreisen. Lessing wurde 1933 wenige Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichkanzler durch Reichpräsident Hindenburg („Hinter dem Zero folgt ein Nero“) im tschechischen Marienbad von Nationalsozialisten ermordet.
Bisher ist sein publizistisches und philosophisches Werk nur zu einem geringen Teil erschlossen und zugänglich. Die im Archiv der Stadt zugänglichen Schriften basieren wesentlich auf der der Arbeit des hannoverschen Wissenschaftlers Dr. Rainer Marwedel, der dies zeitweise als Dozent an der Universität Hannover wissenschaftlich erschlossen, vielfach aber aus eigenen Mitteln editiert hat.
Neben Leibniz gehört auch Lessing aus meiner Sicht zu den herausgehobenen historischen Persönlichkeiten dieser Stadt. Insofern gebührt seinem angemessenen Andenken mehr, als Namensgeber eines wenig beachteten Nebengebäudes der Universität zu sein.
Die Landeshauptstadt sollte den 150. Geburtstags Lessings zum Anlass nehmen, die systematische wissenschaftliche Erschließung des Werks und dessen Verfügbarmachung aktiv zu fördern und angemessen zu unterstützen, insbesondere auch deswegen, weil Lessing vielleicht die am meisten pointierten und analytischen Beschreibungen der Verhältnisse in Hannover vor allem in der Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Beginn des Nationalsozialismus abgegeben hat.
So wie auch Leibniz als Universalgenie seiner Zeit Ehrung und Andenken gefunden hat, gebührt auch Theodor Lessing eine zeit- und textkritische Würdigung seiner besonderen Rolle in der Gesellschaft der Stadt und seiner publizistischen Leistung für Hannover.
Angesichts der Mittel, die zuletzt für die Kulturhauptstadt-Bewerbung aufgebracht worden sind, sollte die Landeshauptstadt auch an dieser Stelle unter Beweis stellen, dass ihr nicht nur die zeitgenössische Kulturwerbung, sondern auch die Bewahrung der Zeugnisse der neueren und neuesten Kulturgeschichte bedeutsam sind.